Lehrcoaching - Coach Me If You Can

Lehrcoaching ist ein Herzstück guter Beratungsqualifizierung. Als Lehrcoach begleite ich die Lernenden bei der Reflexion ihrer eigenen Beratungspraxis, bei der Bearbeitung ihrer individuellen Anliegen ("Sich selber coachen lassen und so am Beispiel lernen"), bei ihrer Rollenentwicklung als Coach und bei ihrer eigenen Profil- und Konzeptentwicklung bis hin zur Abschlussarbeit.

Dazu biete ich den Lehrcoachees transferierbare Methoden und Herangehensweisen an, die sie im eigenen Erleben reflektieren und bei Bedarf in die eigene Beratungspraxis übernehmen können. Die Lehrcoach-Rolle versteht sich dabei als die des erfahrenen Beraters, bei dem die Lernenden viel über professionelle Beratung – und auch Einiges über sich selbst – lernen können.

 

Die Aneignung und Reflexion von Coaching-Methoden steht zwar nicht an erster Stelle, spielt jedoch eine wichtige Rolle. Entscheidend ist aus meiner Sicht, dass die Aneignung der Methode immer mit ihrem konkreten Einsatz verbunden wird. Methoden werden immer dann thematisiert und reflektiert, wenn der Lehrcoachees sie in seiner Rolle selbst erlebt hat oder wenn er sie als Coach angewendet hat bzw. ihren Einsatz konkret plant. Die Erwartung mancher Lehrcoachees, Methoden-Input "am grünen Tisch" zu bekommen, muss ich als Lehrcoach professionell ent-täuschen.

 

Im Erstgespräch zur Kontraktierung eines Lehrcoachings sind mir einige Aspekte besonders wichtig, die ich in jedem Fall anspreche: a) Mein Rollenverständnis als Lehrcoach, b) mein Verständnis der Coach-Rolle und meiner Arbeitsweise sowie c) die grundlegende Bedeutung des Kontrakts.

 

a) Da der Begriff Lehrcoaching sich ja aus zwei Teilen zusammensetzt, ist mir zunächst die Akzentuierung wichtig, dass es sich um ein Coaching-Setting und nicht um ein Lehr-Setting handelt. Meine Rolle ist hier die eines Coaches mit besonderer Expertise, von dem der Klient auf verschiedenen Ebenen lernen kann und nicht die eines Lehrenden . Während der Lehrcoachee sich zu seinen berufs-, alltags-, und weiterbildungsbezogenen Anliegen coachen lässt, hat er einen doppelten Gewinn: Die Klärung seiner aktuellen Themen und die gleichzeitige Auseinandersetzung mit Fragen von Rollenklarheit, Haltung, Arbeitsweise, Methodik und Prozessvertrauen. Es gilt: Lernen ist wichtiger als lehren.

 

b) Für die Klärung der Coach-Rolle verwende ich das Modell der Wirkungskreise und erläutere ganz ähnlich wie in einer „normalen“ Beratung, was im Coaching aus meiner Sicht Raum hat und wie es zusammenhängt (2.3.1.). Hinsichtlich meiner Arbeitsweise beschreibe ich die Verlaufsstruktur einer Coaching-Einheit (2.1.) und benenne den Stellenwert analoger Elemente in meinem Vorgehen. Mein Ziel ist es, bei zehn Lehrcoaching-Terminen jeweils einen anderen analogen Einstieg anzubieten, damit der Lehrcoachee die Möglichkeit hat, diese Verfahren „am eigenen Leibe“ zu erleben und später zu entscheiden, welche dieser Methoden er in seine eigene Coaching-Praxis transferieren möchte.

 

c) Bei der Kontraktklärung geht es zwar auch um Geschäftliches und Rahmenbedingungen, entscheidend ist jedoch der inhaltliche Grundkontrakt, der die Verantwortungsbereiche der beiden Beteiligten klärt: Der Coach ist zuständig für das Gestalten und Halten des Settings, für die Rahmenbedingungen und für die Auswahl seiner Interventionen. Der Klient ist zuständig für die Bearbeitung seiner Themen, seiner Probleme und seiner Lösungen. Diese Grundklarheit, die sich auch  für den Klienten in seinen eigenen Lerncoachings als sehr nützlich erweist, ist elementarer Bestandteil des Lernens im Lehrcoaching.

 

Die zusätzliche Qualität des Lehrcoachings, also das, was es von „normalem“ Coaching unterscheidet, entsteht durch die Einbeziehung der Meta-Ebene: Anders als in der alltäglichen professionellen Beratung werden hier immer wieder fachliche Fragen zu Inhalt, Prozess und Interventionsverhalten thematisiert. Darüber hinaus kann auch das Prozessgeschehen zwischen dem Lehrcoachee und mir diskursiv reflektiert werden, um sich beispielsweise Klarheit über mögliche Spiegelungsphänomene zu verschaffen.

 

Last but not least spielt auch die Begleitung und Unterstützung des angehenden Coaches bei der Entwicklung seines individuellen Coaching-Konzepts eine wichtige Rolle, die zu Beginn des Prozesses eher nachgeordnet ist und gegen Ende naturgemäß an Bedeutung zunimmt.

 

Bei der Organisation des Lehrcoachings sind aus meiner Sicht zwei Dinge besonders wichtig: Zum einen sollte es immer von externen Coaches durchgeführt werden, die nicht in irgendeiner anderen Form ins Kursgeschehen involviert sind und zum anderen sollte das Lehrcoaching immer als Prozess mit Abständen von ca. drei bis fünf Wochen angelegt sein. Wenn ersteres nicht gewährleistet ist und das Lehrcoaching z.B. bei Mitgliedern der Kursleitung stattfindet, bekommt der Lehrcoachee „mehr desselben“ um ihm wird die Anreicherung und Erweiterung durch eine zusätzliche Expertise vorenthalten. Wenn zweites nicht gegeben ist und Lehrcoaching beispielsweise aus vermeintlich pragmatischen Gründen „geblockt“ wird, fehlt dem Lehrcoachee die wertvolle Möglichkeit, die Reflexion seiner individuellen Denk-, Handlungs- und Verhaltensmuster sowie die Entfaltung seiner Kompetenzen kontinuierlich über einen längeren Zeitraum von einem qualifizierten Profi begleiten zu lassen.

 

Wenn sowohl die externe Unabhängigkeit des Lehrcoaches als auch der prozessuale Charakter des Lehrcoachings gewährleistet sind, hat der Lehrcoachee gute Voraussetzungen für das Commitment: Coach me because you can.

 

Vorab-Auszug aus "Coaching denkt weiter - Ideen, Konzepte und Methoden" / Veröffentlichung 2019

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